Die Magie der Unklarheit

Sep 13, 2018

Neulich las ich einen Beitrag auf Facebook:

Unklarheit raubt dir Energie.

Ich hielt inne. Meistens wenn ich so etwas lese, stimme ich entweder sofort zu oder eben nicht, instinktiv. Vielleicht kennst du das. Doch hier war es anders…

Ich konnte weder zustimmen noch verneinen. Direkt mit meiner eigenen Unklarheit konfrontiert, saß ich damit und lies es in mir ungelöst sein. Bis jetzt, und die Klarheit kam von alleine.

Auf eine Art verstehe ich, was damit gemeint ist, doch ich finde es stimmt nur bedingt. Natürlich wollen wir alle Klarheit, es gibt Gewissheit und Fokus und wir fühlen uns wohl, ausgerichtet, definiert. Wir wissen wer wir sind und was wir wollen. Klarheit ist wie eine Bewegung nach vorne, nach außen, expressiv und zielorientiert. Alles ist so eindeutig. Wer mag dieses Gefühl nicht?

Doch auch Unklarheit kennen wir alle. Warum werten wir es negativ? Es scheint Energie zu rauben, doch was bedeutet das und ist das wirklich so?

Unklarheit, Verwirrung, Konfusion ist eine Bewegung und ein Sog nach innen. Ein Ruf aus unserem Innersten, nach innen zu blicken, innezuhalten und auf uns selbst zu lauschen. In eine Haltung der Entdeckung zu gehen, denn Unklarheit macht uns auf etwas aufmerksam, das in uns ungelöst ist und unserer Aufmerksamkeit bedarf. Wir können es nicht verstehen, nein natürlich nicht, wir bewegen uns in Neuland hinein. Aber unser Körper gibt uns ein Gefühl dazu.

Ich erlebe selbst oft diesen unklaren Zustand. Allein schon dadurch dass ich als Frau monatlichen Zyklen unterliege, tauche ich einmal im Monat ein in diese Ungewissheit, in der ich nichts mehr verstehe und vieles keinen Sinn (mehr) macht. Aber auch unabhängig davon, geschieht es mit uns allen, es ist Teil des Lebens und Teil der schöpferischen Kraft in uns allen.

Wenn wir lernen und erlauben diese Unklarheit zuzulassen, diese Ungewissheit, das Nichtwissen, die Unsicherheit – ein Moment wo alles definierte sich auflöst – treten wir ein in ein Feld voller Energie und starker Magie. Gefühle kommen hoch, Gedankenspiralen, körperliche Symptome, alles was uns nicht mehr definiert, will losgelassen werden. Das ist nicht unbedingt angenehm, doch sich diesem Prozess hinzugeben bedeutet sich einzulassen auf Transformation, raus aus dem Alten und etwas Neues entstehen lassen.

Du hast es nicht in der Hand, es geschieht durch dich.

Das ist Hingabe, fühlt sich alles andere als heilig an, es ist vielleicht eher chaotisch und durcheinander. Und dann, irgendwann, auch den Zeitraum können wir nicht kontrollieren, kommen wir am anderen Ende heraus und sind gewachsen, neu auf eine Art.

Klarheit und Unklarheit unterliegen ein und demselben Prinzip, es sind nur zwei unterschiedliche Pole im Spektrum. Weder das eine noch das andere ist besser (wir tendieren nur dazu dies zu werten aufgrund dessen, wie es sich anfühlt). Es geht um die Bewegung dazwischen, das Ausdehnen und Zusammenziehen, das Erforschen und Umsetzen, das Chaos und die Ordnung. Und wir dürfen verstehen lernen, dass die Richtung sich grundsätzlich in die Ordnung ausdehnt. Und nicht umgekehrt.
Dieses Pulsieren ist der schöpferische Akt, daraus besteht das Leben, das Universum – so wie dein Herz schlägt, so wie dein Atem fließt. Ohne das eine, nicht das andere. Wir unterliegen diesem universellen Rhythmus – der auch weiter fließt, wenn unser Herz aufhört zu schlagen.

 

Kannst du dich hingeben?

Kannst du mit liebevoller Geduld dabei bleiben, das ungelöste in dir an dein Herz drücken?

Kannst du vertrauen, dass das Leben selbst dich hinüberträgt (durch Menschen, Situationen, Einsichten o.ä.) – solange du den Prozess ehrst und bis zum Ende dabei bleibst?

 

Du weißt genau, wann es gelöst ist. Dann bist du frei.